Wiedereröffnung der Straßenbahn in Reschitza im rumänischen Banat

Die letzten Tests vor der Eröffnung am 1. Dezember, dem rumänischen Nationalfeiertag:

Wer also am Wochenende noch nichts vor hat....
Die Straßenbahn wurde kurz vor der 89er-Revolution schon einmal eingeweiht, hatte allerdings sozialistische Qualität bei Fahrzeugen und Strecke. Da konnte eine Bahn wg. Bremsproblemen schon mal 2 Stationen weiter als vorgesehen zu Stehen kommen. Deshalb erfolgte mehrfach eine jahrelange Einstellung des Betriebes.
Jetzt wurde im Grunde fast alles neu gebaut und Fahrzeuge aus der Türkei gekauft.
Was gibt es sonst noch für unsereins zu sehen:
1. Das Lokomotivmuseum mit einer ordentlichen Sammlung von Dampfloks direkt an der Straßenbahnstrecke. Der Grund: In der Stadt hat man jahrzehntelang Lokomotiven gebaut.
2. Südlich von Reschitza: Die sogenannte Banater Semmeringbahn von Oravitza(Ort des ältesten Theaters in Rumänien) nach Anina. Die Strecke hat enge Kurven, weshalb nur kurze Wagen zum Abtransport der Kohle zu den Stahlwerken in Reschitza verwendet wurden. Die wenigen Züge fahren in Blumenpflückgeschwindigkeit (habe tatsächlich mal Mädchen beim Blumenpflücken während der Fahrt beobachtet)
3. Die Bahnstrecke nach Westen war mal für Schmalspur trassiert und hat relativ enge Kurven.
4. Neue Radwege
5. Die Strecke Arad - Timisoara - Lugoj - Caransebes wird derzeit zweigleisig ausgebaut für 160 km/h.

Wie kommt man dorthin?
Ab und zu sieht man Fernbusse der Reschitzaer Firma Lauer am Busbahnhof, erkennbar am Kennzeichen "CS"
Angenehmer ist es mit dem Billigflieger ab unserem Flowtex-Airport nach Timisoara. Von dort mit dem Taxi zum Nordbahnhof.
So grob alle 4 Stunden fährt ein Zug nach Reschitza. Kann 1. Klasse haben. Kann!
Diese Strecke ist für einen Ausbau für Tram-Trains im Stundentakt vorgesehen. Dann soll sogar der Flughafen angeschlossen werden.

Für kulturell Interessierte: Die Gegend hat den höchsten Anteil an deutschsprachiger Minderheit in Rumänien. Mehrsprachige Kindergärten und Schulen sind eine Selbstverständlichkeit. Es gibt jedes Jahr deutsche Literaturtage. Es gibt ein paar Orte mit deutschsprachigen Ortsnamen: Steierdorf (Ortsteil von Anina), Tirol (an der stillgelegten Strecke zwischen Oravitza und der Strecke Timisoara - Reschitza), Liebling (der einzige Ort, der in der Zeit der Magyarisierung vor 1914 den deutschen Namen behalten durfte).

Vorbild für Baden-Baden? Reschitza ist wie Baden-Baden ein langgezogener Schlauch, hat allerdings weit weniger Finanzen, dafür einen tüchtigen Bürgermeister. Mit einer Linie werden so etwa 80% aller Einwohner angebunden.
 
Seit heute fährt die komplett erneuerte Straßenbahn im regelmäßigen Betrieb:
Hier die Fahrpläne in etwas missglückten PDF-Dateien: https://www.turesita.ro/ciclograma/
Werktags wird alle 7-8 Minuten gefahren, Samstags und Sonntags alle 15 Minuten
Abends alle 25 bis 30 Minuten. Betriebsschluss ist deutlich vor Mitternacht.
Bei den Bauarbeiten wurde die Strecke quasi neu gebaut, da die Bauarbeiten in den Spätjahren des Sozialismus mit sozialistischer Qualität - Planerfüllung vor Qualität - durchgeführt wurden waren. Das entspricht modernen Projekten, die auf PowerPoint-Folien 1a funktionieren.
 
Sozialistische Qualität? Die der Tatra-Bahnen war doch soweit ich das anhand meiner vergangenen Reisen in den Osten, beurteilen kann, ganz ok. Ansonsten scheint nicht nur die Schlauchform, sondern auch die Einwohnerzahl an Baden-Baden zu erinnern. Mir fehlt aber irgendwie die Vorstellung einer Schienenverbindung durchs Oostal. Naja, muss man ja nicht hin, gibt genug schöne Orte mit direktem Schienenanschluss in der Region.
 
Sozialistische Qualität? Die der Tatra-Bahnen
Die Bahnen sind gelegentlich wegen nicht funktionierender Bremsen erst 2 Haltestellen zu spät zum stehen gekommen.
Und wie war so die PowerPoint-Präsentation für das Wiederaufbauprojekt in Reșița?
Nix PowerPoint, sondern Engagement des Bürgermeisters.
Ein früherer Bürgermeister wollte keine Bahnen aus Dortmund vor der Türe - die rumänischen Bahnen hatte man wegen technischer Mängel aussortiert - und hat das System stillgelegt. Allerdings hätte es in Deutschland bei schlecht verlegten Schienen und Oberleitungen, die an mehreren Stellen Schrittgeschwindigkeit erfordert haben, sowie wegen Erschütterungen in Wohnungen an der Strecke eher keine Betriebsgenehmigung gegeben.
Der jetzige Bürgermeister ist von der zupackenden Art. Dementsprechend wurde die Straßenbahnstrecke nicht einfach repariert, sondern weitgehend neu gebaut und vor allem sichere Haltestellen angelegt. Im Sozialismus lagen die Schienen auf 4-spurigen Straßen auf den inneren Spuren und gehalten wurde dort, wo Buchten für Busse lagen. Ein- und aussteigende Fahrgäste mussten sowohl diese Bucht als auch die rechte Fahrspur überqueren. Sicherung Fehlanzeige.
 
Die Bahnen sind gelegentlich wegen nicht funktionierender Bremsen erst 2 Haltestellen zu spät zum stehen gekommen.
Vielleicht bin ich einfach ein wenig zu jung. Aber das mit den zwei Haltestellen zu spät bei Straßenbahnen in sozialistischen Staaten ist mir bislang nicht zu Ohren gekommen.
 
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Da unsere unverstandene Baustelle bekanntermaßen zu leichten Übertreibungen neigt, waren es real vmtl. nur 0,002 Haltestellen zu weit ... 😇
 
Da unsere unverstandene Baustelle bekanntermaßen zu leichten Übertreibungen neigt, waren es real vmtl. nur 0,002 Haltestellen zu weit ... 😇
Wenn man keine Ahnung hat und nur die badische Provinz kennt gleich mal rumpöbeln, gelle?
Ich kenne die Ortschaft recht gut. Die Beschwerde kam von einer guten Bekannten, die genau das erlebt hat und danach nie wieder mit der Straßenbahn fahren wollte.
In einem Land, in dem öfters Kanaldeckel, Wasserpumpen und Steuerungs-Drahtseile von Bahnübergängen geklaut werden und auch bei Schnellzügen bei voller Fahrt einige Türen offen bleiben, ist das nicht allzu ungewöhnlich.
Ein Beispiel für das Ende eines Straßenbahnbetriebes wegen eines Unfalls durch versagende Bremsen ist Dubrovnik:
Ein folgenschwerer Unfall mit einer Toten und 14 teils schwer Verletzten am 7. März 1970 gab der Straßenbahn jedoch den vorzeitigen Todesstoß. Der Triebwagen 5 beschleunigte infolge eines Bremsversagens im steilen Gefälleabschnitt zwischen dem alten Krankenhaus in Boninovo und der stadtseitigen Endstation Pile stark, durchfuhr mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit die Ausweiche der Endstation, entgleiste im Linksbogen des abschließenden Gleisstutzens Richtung Streckenende, schlitterte auf der Seite liegend über die Straße, durchbrach eine Mauer und stürzte ca. 4 Meter tief in den Stadtgraben.
 
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